Seele einer Story

04. Dez. 2019

6 Min. Lesezeit

Jede Story hat einen Ursprung

Inhaltsverzeichnis

Wo und wann beginne ich ein Interview bzw. die Recherche und wo und wann beginnt die eigentliche Story, die ich erzählen möchte. Dazu gibt es laut Janina wiederum mindestens zwei Herangehensweisen, um einer Geschichte eine "Seele" zu geben.

Warum hole ich mir Rat in Rastatt?

Zunächst von ganz vorne: Janina ist Journalistin, sie Arbeitet bei einer überregionalen Zeitung. Ich versuche herauszufinden, wie sie als professionelle Berichterstatterin vorgeht. Nachdem wir die allgemeine Transformationsschwierigkeiten, raus aus der analogen, hin in die digitale Welt konventioneller Zeitungen diskutiert hatten, sprechen wir erst einmal über die generelle Herangehensweisen.

Später bekomme ich dann noch konkrete Tipps, wie ich geschickt in einem Interview agiere. Auch wenn ich schon einige Gespräche und Umfragen führen durfte, konnte mir Janina dann doch noch so manch Unsicherheit nehmen und sogar Neugier in mir wecken.

Was ging mir durch den Kopf?

Wie schon erwähnt verspürte ich in den letzten Tagen eine recht große Unsicherheit beim Gedanken, dass ich als Medienvertreter zum World Youth Forum nach Ägypten eingeladen bin. Nachdem ich in Heidelberg beim Pre-Event mehr oder weniger nur dokumentieren sollte, habe ich nun den Anspruch einen bestmöglichen Beitrag für die Idee des Weltkongresses zu leisten.

Obwohl oder wahrscheinlich genau weil ich mich beim deutschen Kennenlern-Event für ein Kameramann ungewöhnlich aktiv einmischte und aktiv Teilnehmer vor die Kamera holte, besuche ich jetzt das erste mal in meinem Leben den nordafrikanischen Staat. Ein neutrales Sprachrohr für diese junge engagierte und interkulturell dynamische Generation zu sein, war und ist mir ein sehr großes Anliegen.

Wie genau ich Informationen, Eindrücke und Meinungen transportiere und verarbeite wollte ich von einer Person lernen, die das täglich professionell macht.

Mir ist bewusst, dass ich von heute auf morgen kein Journalist werde. Aber ein gewisses Grundverständnis für die Situation und ein Verantwortungsbewusstsein rein aus der Erfahrung heraus, kann ich denke ich vorweisen.

Janina und ich kennen uns schon recht lange, das Gespräch ist also mit großem Vertrauen und ehrlicher Direktheit verknüpft. Das schafft sofort eine gute Basis.

Wie erhält eine Geschichte seine Seele?

Jede Story hat ihren Anfang oder auch Ursprung. Als Berichterstatter muss ich diesen Punkt in zweierlei Hinsicht verstehen. Wo und wann beginne ich ein Interview bzw. die Recherche und wo und wann beginnt später die eigentliche Story, die ich erzähle.

Dazu gibt es laut Janina wiederum mindestens zwei Herangehensweisen mit aber nur einem Ziel: Eine Geschichte mit Seele weitertragen zu können.

Zum einen, sagt sie darf man sich gerne vorab informieren, sich ein Bild machen. Die eigene Meinung ist bis zu dieser Frage noch mein größter Schmerzpunkt.

Wie stark darf meine Meinung in die Story mit einfließen?

Die Antwort hat etwas mit ihrer Seele zu tun...

Zunächst aber noch zur zweiten Möglichkeit, wie auf ein Ereignis oder Interviewpartner generell zuzugehen ist. Man weiß nichts über das Thema. Sich über einen Menschen zuvor etwas schlau zu machen, sollte man rein aus Respektes versuchen zu tun. Zwingend notwendig ist dies aber nicht.

Fragen stellen?

Fragen stellen ist das A&O. Hier liegt die Kraft einer späteren Geschichte. Wer Fragen stellt und damit seinem Gegenüber Respekt zollt, ein wahres Interesse und Wertschätzung zeigt, hat, wenn er es dann noch schafft die empfangenen Informationen anschaulich zu verabeiten und anständig zu verbreiten, seinen Job als Berichterstatter verstanden.

Zurück zur Seele: Janina spricht davon, einer Story eine Seele zu verleihen. Das fasziniert mich.

Wenn ich sie richtig verstanden habe geht es ihr um die menschliche Note in einer Geschichte, einem Beitrag, einer Story, die von einem interessierten Menschen kreiert wird. Über eine spannende Person oder ein Ereignis wie das World Youth Forum zu erzählen und dabei verschiedene Perspektiven einzunehmen ist dabei die Hauptaufgabe.

Sie sagt, es ist völlig legitim, wenn man während eines Interviews seine eigene Meinung, seine Gedanken und Einstellungen teilt. Das schafft Nähe und Vertrauen, ist menschlich und schützt sogar vor denen, die sich eventuell nur selbstdarstellen oder profilieren müssen.

Gleiches gilt natürlich auch umgekehrt. Natürlich gebietet es gerade dem Fragesteller sich in großer Zurückhaltung zu üben.

Emotionen zeigen, ist das legitim im Interview?

Zurückhaltung und Feinfühligkeit sind die Schlüssel. Dabei geht es keinesfalls nur darum leichte und "bequeme" Fragen zu stellen.

Eine Person spürt gerade dann, dass du echtes Interesse an ihren Argumenten hast, wenn du eine andere Meinung vertrittst. Genau darfst und solltest Du sogar sehr konkrete und direkte Fragen stellen.

Hier kommt es, wie so oft im Leben viel mehr auf das Wie an und am Ende auf Deine Ehrlichkeit.

"Sorry, das habe ich noch nicht verstanden!"

Emotionen zeigen ist dabei eine sehr wichtige Eigenschaft, die ich mir als "seriöser" Berichterstatter so auch nicht sofort erlaubt hätte.

Obwohl, wenn ich ehrlich bin habe ich schon mehrmals hinter der Kamera lachen oder zumindest stark schmunzeln müssen, aber auch betroffen reagiert. Das bestätigt mir auch Janina, wenn es von Herzen kommt, verwässert das Ihrer Meinung nach keinesfalls die Geschichte, sondern macht sie aussagekräftig & gibt ihr eine Seele!

Muss ein Bericht nicht neutral sein?

Hier antwortet Janina entschieden mit Nein, und gibt mir dazu noch einen wertvollen Tip mit auf den Weg.

Wenn wie beschrieben Emotionen mitspielen, fördert das, wenn man es richtig macht, sogar die Berichtstiefe. Oft erfährt man in einem intensiven Gespräch doch mehr, als wie wenn jemand kühl und leidenschaftlos versucht an Informationen zu kommen.

Um hier für den Konsumenten einer Geschichte, gerade wenn es um ernste gesellschaftlich oder kritische Themen geht, eine klare Trennung herzustellen verweist Janina auf den klassischen Kommentar.

Hier darf der Autor seine eigene Meinung ganz einseitig kundtun. Neutrale Berichterstattung kann dann in einem dafür vorgesehenen Abschnitt stattfinden.

Wie genau ich es hier in diesem Blog handhaben werde, weiß ich noch nicht genau. Rein technisch ist eine klare Abgrenzung vom bewertungsfreien Beitrag zum Kommentar möglich.

Folgende praktische Tipps gab mir Janina noch mit, sie klingen selbstverständlich:

  • Vergiss nie die Gegenseite zu fragen und zu verstehen
  • Was ist die „Wahrheit“, generell gesehen
  • Vor einem Interview muss klar sein, für was das Gespräch dient
  • Checke den Pressecotex
  • Und immer 😃🙏🏼

Und eine letzte Frage bleibt offen:

  • Was bewirkt Berichterstattung in den Social Media gerade bei sensiblen Themen?